Bootcamp und Dekadenz – Teil II
Hier kommt man wirklich zu nichts. Oder sagen wir, die Reproduktion von Erlebtem bedarf angesichts von aktuellen Ereignissen einer gewissen Motivation. Bevor ich weiter erzähle, erinnere ich an die Öffentlichkeit des Mediums Blog – ihr könnt euch also vorstellen, dass einige prekäre Details und subjektive Einschätzungen, vor allem von Menschen, hier keinen Platz finden können. Bei genaueren Nachfragen bitte ich um persönliche Anschrift 🙂
Wir fahren also in einen BMW gequetscht von House-Musik begleitet nach Delhi. Ich weiß nicht, was ich den snobartigen Gesprächen hinzufügen soll und Daria wirft mir vielsagende Blicke à la worauf-haben-wir-uns-hier-eingelassen zu. Welches Programm auf uns zukommt, ist etwas unklar. Es heißt nur, dass wir ausgehen werden und eventuell beim indischen Freund, dessen Namen ich vergessen habe, übernachten können. Kurz vor Ankunft wird angekündigt, dass wir bei einem Freund vorglühen werden. Wir kommen in einer Wohngegend im Süden Delhis an, in der fast jedes Haus von einer Mauer sowie einem kleinen Wachhäuschen mit zwei Guards geschützt ist. WIr landen in einer Wohnung, deren Besitzer und Zweck sich nicht unmittelbar erschließt. Denn einerseits ist keiner da (und man fragt sich, warum wir einfach so reingelassen wurden, da der indische Freund offenbar nicht der Besitzer ist), und andererseits ist die Wohnung scheinbar nur für einen Zweck konzipiert, nämlich das Party-Vorglühen. Denn neben der spartanischen Einrichtung lassen sich keine persönlichen Gegenstände entdecken, und im großen Kühlschrank sind ausschließlich alkoholische und MIxgetränke vorhanden.
Nachdem wir anfänglich etwas hilflos in der Gegend herumstehen, löst der Alkohol schnell unsere Startstörungen (vor allem Darias, die recht offen ihr Unwohlsein kommunizierte) und man synchronisiert sich kommunikativ. Nach einer Weile trudeln einige indische Freunde ein. Nebenbei erfahre ich, dass der indische Freund unseren Dimitris in Amerika bei einem Studiengang namens Gemology (Edelsteinkunde) kennengelernt hat und beide aus geschichtsträchtigen Juwelierfamilien kommen (später stellt sich heraus, dass sogar Rama den indischen Juwelier kennt). Wir sind aufgewärmt und setzen uns wieder in Fahrt. Diesmal beigleitet uns wegen des Zuwachses ein weiterer Wagen, in dem Daria und ich mitfahren..ich stelle mir lieber nicht die Frage, ob unsere Fahrer getrunken haben.
Wir machen uns nun auf den Weg zu einer der neusten und angesagtesten Clubs in Delhi, welcher sich in einer Mall befindet. Ihr hört richtig. In Deutschland kommen hier gleich Assoziationen von Asischuppen oder “Susis Modetreff im U-Bahnhof” auf, aber in Indien repräsentiert eine Mall, und vor allem diese Mall den Wohlstand und die Hippness Indiens. So ist eine Mall als Location keineswegs abwertend, sondern grenzt noch deutlicher von der indischen Umgebung ab, welche oft aus dreckigen, staubigen Straßen und ihren armen Bewohner besteht. Das Auto wird geparkt und man mischt sich unter das elitäre Völkchen, das ebenfalls (nach Öffnungszeiten) die Mall betritt. Frauen in seidenen Minikleidern und Stilettos, Männer in Designerjeans und Hemden – westlicher Schick. Man bedenke in diesem Kontext, dass außerhalb der obersten Kreise in Indien Röcke oder Spaghettiträger als stilllos und aufreizend empfunden werden und daher nicht getragen werden. Hier hatten wir also das Klischee einer upscale Parallelwelt.
Der Club hätte in jeder westlichen Metropole sein können und war im typischen Lounge-Stil ohne Tanzfläche gehalten. Ich glaube, dass ich keine einzige Frau mit Hose gesehen habe. Bis auf uns – nichtsahnend hatten wir uns fast nicht umgezogen und traten deswegen in Jeans und T-Shirt auf. Um den Unterschied zur indischen Upper Class noch deutlicher zu machen, waren wir die einzigen, die neben Cocktail-schlürfenden Clubbesuchern wild tanzten. Der Eintritt: 22 Euros inclusive etwa zwei Freigetränken. Ein Long Island Ice Tea hat 10 Euro gekostet. Für Europa normal, aber für indische Verhältnisse und die bis dahin gewohnten Preise nahezu unerhört. Andererseits – überrascht hätte ich eigentlich nicht sein sollen.
Der Abend war trotz der ungewohnt bis abschreckenden Erfahrung einer vollkommen westlichen Insel innerhalb eines Indiens, das man bis dahin mit Armut, Dreck und Chaos assoziiert hatte, sehr angenehm. Aus dem Fenster guckend sah man die abgemagerten Rikshafahrer, die unten auf eine Fahrt für 20 Cent warteten. Wir verließen den Club um kurz vor 2 (um diese Zeit schließt hier alles) und fuhren zur ersten Residenz.
In 2008, I had been selected for the European Business School ESCP’s “Master in International Management” Programme, which was to be taught in two different countries. For my 7 month first semester, I had chosen their partner school “Management Development Institute” (MDI) in Gurgaon, a suburb of Delhi. Not having been to India before, and coming from a non-business background in humanities, it was an exciting time, which I documented on my blog.
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