Comfort Zone
Seit zwei Tagen bin ich krank. Es fing am Dienstag nach dem Mittagessen mit Ben an – ausgerechnet beim teuersten Mittagessen seit langem, im Hyatt, habe ich mir wohl irgendetwas gefangen. Ich erspare euch die Details, ihr wisst ja wie so was abläuft. Auf jeden Fall habe ich danach 48 Stunden im Dämmerzustand zwischen einer mehrteiligen Dokumentation zur Geschichte New Yorks, Haferbrei, Badezimmer und Positionsfindung auf dem Sofa verbracht. Der Abstand zwischen Hell und Dunkel draußen verging immer überraschend schnell.
Ebenso wie meine körperliche Achterbahn schwankten meine Emotionen zwischen tapferer Durchhaltementalität (“jetzt reiß Dich mal zusammen, komm’, trink’ noch ‘nen Tee”), Nostalgie (“damals, die amerikanischen Gründungsväter – ‘so nen spirit gibt’s ja heut’ gar nich’ mehr…neenee”), Panik (Wikipedia-Recherche zu den Krankheitssymptomen von Cholera), Realitätsverweigerung (“eine Klissouras hat nicht krank zu sein, das ist was für Weicheier!”) und Selbstmitleid (“jetzt bin ich hier ganz alleein…ausgerechnet jetz’ is’ Rama in Indien…und wen kann ich hier schon anrufen? Und bald is’ Weihnachten, aber nich’ für mich..”).
Heute kann ich mich wieder ein wenig bewegen und esse wieder normal (ich hatte ja gehofft, dass mein exzessives Essverhalten der letzten Wochen nun für ein paar Tage kompensiert wird, aber leider habe ich schon gestern wieder sehr normal gegessen). Was geblieben ist, ist ein vorsichtiges Festhalten an der bekannten Comfort Zone. Wenn man sich unsicher fühlt, greift man zum Bekannten. Das kennt man ja schon aus Indien oder ähnlich bedrohlichen Fernreisen, oder auch von Ausländer-Parallelwelten. Nun ja, bei mir äußert sich dies vor allem an meiner Nahrung. Während ich sonst gerne alles Neue ausprobiere und in meinem Einkaufskorb routinemäßig asiatische Suppen oder Fertiggerichte wieder finde, sah dieser heute so aus:
– Importiertes Schwarzbrot
– Importierter Schwarzwälder Schinken
– Importierter Emmentaler Käse
– 1 Laugenbrötchen, 1 Mehrkornbrötchen
– 1 Fertiggericht “Spaghetti mit Champignon-Cremesauce”
Dass ich komplett von der thailändischen Bevölkerung segregiert bin, ist ja in früheren Texten schon deutlich geworden. Zumindest war ich aber kulinarisch teilweise integriert. Angesichts meiner körperlichen und mentalen Schwäche ist mir aber auch das derzeit zu viel. Ich verschiebe die Integration weiter auf nächste Woche.
Sehr geehrte Frau Klissouras,
in aller Förmlichkeit möchte ich Ihnen an dieser Stelle mein Beileid und Mitgefühl für Ihre Situation aussprechen. Aber bitte denken Sie daran, eine Klissouras wird nicht krank, schon gar nicht mit Cholera und unter dem Aspekt, dass Sie gerade die Zivilisation in der neuen Ost-Welt etablieren.
Ich wünsche frohe Weihnachten und weiterhin zumindest die Kraft zum Tippen. Denn das Lesen dieses Blogs macht viel zu viel Spaß.
Grüße
Dipl.-Ing. (FH) Georg Friedrich Huber, MEB, M.Sc.
Sehr geehrter Herr Friedrich Huber (auf einmal? hat eine neu-Identifikation stattgefunden?),
ich freue mich über ihre warmen Worte und werde am imperialistischen Ball bleiben.
Es grüßt, Magistrat Klissouras
Den Friedrich gab es nur für dich 😉